In allem Gott finden

Vor Kurzem stiess ich auf folgende Anleitung von Meister Eckhart. Er schreibt:

Ausschauen

Der Mensch soll sein, wie unser Herr sprach: Ihr sollt sein wie Leute, die allezeit wachen und ihres Herrn harren (Lk 12,36). Solche harrenden Leute sind wachsam und sehen sich um, von wo er kommt, dessen sie harren, und sie erwarten ihn in allem, was da kommt, wie fremd es ihnen auch sei.

So sollen auch wir in allen Dingen bewusst nach unserm Herrn ausschauen. Was dem Menschen von äusseren Dingen her im Sehen und Hören zufällt, das soll er zu Gott kehren. Denn wer recht daran sein soll, bei dem muss von zwei Dingen eins geschehen: Entweder muss er Gott in den Werken zu ergreifen und zu halten lernen, oder er muss alle Werke lassen. Da nun aber der Mensch in diesem Leben nicht ohne Tätigkeit sein kann, die nun einmal zum Menschen gehört und deren es vielerlei gibt, darum lerne der Mensch, seinen Gott in allen Dingen zu haben und unbehindert zu bleiben in allen Werken und an allen Stätten.

(in: "Gemeinschaft", hg. v. Aurelia Spendel, Herder 2008. Gefunden in: CIG, Nr 13/2011, 63. Jg.)

Schau, schau! schon Meister Eckhart! Es ist doch die gleiche Haltung, die später auch der hl. Ignatius empfiehlt: Ich soll Gott suchen und finden in allem. - Nur wenn mir das gelingt, kann ich "allezeit beten" (Lk 18,1).

Mai 2011     (für Sie gefunden von Sr. Petra)